Franziska Pohlmann – Absolventin der KI-Schule

6. November 2020 | Interview

Stelle Dich bitte kurz vor.

Mein Name ist Franziska Pohlmann. Ich bin Filmregisseurin und Komponistin und lebe in Hannover.

Welche Vorkenntnisse und Erwartungen hattest Du an die KI Schule?

Porträt Franziska Pohlmann | © privat

hinsichtlich des Programmierens und Codierens. Mit Python – unserer wichtigsten Sprache für die KI-Schule – hatte ich mich im Ansatz auseinandergesetzt. Ich hatte erwartet, mir aufgrund eines tiefergehenden Verständnisses zu Schlagworten wie „neuronalen Netzen“, „KI“ und „Machine Learning“ ein eigenes Bild machen zu können.

Was waren Deine Erfahrungen in der KI-Schule? Was hat sich von Deinen Vorstellun-gen über KI bestätigt und was wurde widerlegt? Welchen Herausforderungen bist Du im Laufe der KI Schule begegnet?

Die Heranführung an die technischen Grundlagen verliefen verhältnismäßig spielerisch. Ohne intensiv dranzubleiben, verlor ich aber schnell den Ball und musste mich dazu sehr disziplinieren. KI ist für mich nach wie vor ein von Menschen zu gestaltendes Werkzeug – aber die Möglichkeiten des Einsatzes sind bereits jetzt enorm.

Stelle bitte Dein Projekt in zwei Sätzen vor.

Mein Projekt heißt „Auditive Empowerment“ und ist eine Anwendung, durch die ich mir anhand von Sprachnachrichten Sätze vorlesen lassen kann, die so nie gesagt wurden.

Was ist die Motivation hinter Deiner Idee? Warum interessiert Dich dieser Bereich/dieses Thema/diese Anwendung?

Ich habe mich immer wieder mit dem Thema der Aufstellungsarbeit beschäftigt. Hier lassen sich Menschen z. B. stellvertretend von einer anderen Person Sätze sagen, die sie in ihrem Leben gern gehört hätten, um so einen Heilungs- und Versöhnungsprozess anzustoßen. Eigentlich wünschen wir uns diese Affirmationen von denjenigen, die uns nah sind oder waren. Ich hab mich gefragt, was passiert, wenn wir z. B. von unserem Bruder, unserer Mutter oder auch einem verstorbenen Menschen etwas vorlesen lassen können, was so nie gesagt wurde. Das birgt auch ein ethisch-moralisches Dilemma in Bezug auf Manipulation und stimmliche Urheberschaft.

Die fehlende Empathie der Sätze müsste durch eine aufwändig hergestellte Sprachsynthese ersetzt werden.

Beschreib bitte die einzelnen Umsetzungsphasen Deines Projektes. Was ist Dein Fazit?

Zunächst habe ich aus Sprachnachrichten meiner Mutter einen kleinen Datensatz hergestellt, der ausreichend Wörter beinhaltete, um bestimmte Sätze wiederzugeben. Als nächstes habe ich im Selbstversuch meine Erfahrungen und Beobachtungen durch wahllos vorgelesene Sätze festgehalten. Die fehlende Empathie der Sätze müsste durch eine aufwändig hergestellte Sprachsynthese ersetzt werden. Der nächste Schritt wäre ein größerer Versuchsaufbau mit Proband*innen, die nicht informiert sind. Ein Abschluss wäre eine Untersuchung der neuronalen Strukturen und so konkreten Auswirkungen auf unser (Unter-)Bewusstsein.

Was ist/war vor der KI-Schule Kunst für Dich? Hat es sich verändert? Kann eine Maschine/ein Algorithmus „echte” Kunst erschaffen?

KI ist für mich weiterhin ein Werkzeug, welches uns inspiriert und über unsere Möglichkeiten hinaus Anstöße geben kann. Das Unerwartete ist neben dem mächtigen Tool der Rechenleistung eine Quelle für spannende Entwicklungen. Dass etwas als „echte“ Kunst bezeichnet wird, geht vom Rezipienten aus und in diesem Sinne ist der Kunstbegriff ein kulturell gewachsener, den immer der Mensch definiert.

Welche Spannungsfelder und Potenziale siehst Du im Bereich Kunst/Kultur mit künstlicher Intelligenz? Wie kann KI menschliche Kreativität erweitern/stärken?

KI ist mit Sicherheit ein wirkungsvolles Tool für kreatives Schaffen. Ein Verständnis dafür zu entwickeln empfinde ich gesamtgesellschaftlich als sehr wichtige Aufgabe.

Franziska Pohlmann
Regisseurin und Komponistin