Kultur gestaltet Zukunft

16. Januar 2019 | Dr. Tabea Golgath

Einladung zum Experiment „KI und Kultur“

Die technische Konnotation des Themenfelds der Künstlichen Intelligenz und der eher auf Kreativität basierende Kulturbereich scheinen zunächst wenig Gemeinsamkeiten zu haben. Viele sprechen Computern oder Maschinen sogar jegliche künstlerische Kreativität ab und bezwecken damit oft nur, die künstlerische Bedeutung des Menschen bewahrt zu wissen. Mittlerweile gibt es jedoch in verschiedensten Kultursparten Künstler, deren Respekt gegenüber der Technik von echtem Pioniergeist abgelöst wurde: Sie erproben bereits durch vielfältige Experimente die Anwendungsmöglichkeiten und Schnittmengen von KI innerhalb des kulturellen Schaffensprozesses.

Als Stiftung Niedersachsen sind wir an der Erhaltung und Weiterentwicklung vielfältiger Kultur in Niedersachsen interessiert. Wir sind davon überzeugt, dass es klug ist, sich die nötige Kompetenz anzueignen, um wichtige Aspekte zur Sinnhaftigkeit eines Einbezugs von KI in den Kulturbereich zu erörtern und später die entscheidende Frage klären zu können: Kann KI einen wertvollen Beitrag zur eigenen Kultureinrichtung oder dem individuellen Schaffensprozess leisten? In anderen Lebensbereichen wie Wirtschaft und Kommunikation wird KI immer präsenter. Ohne eine aktive Auseinandersetzung könnten Kulturschaffende und somit die Kultur selbst eine wichtige Entwicklung verpassen und dadurch in der gesellschaftlichen Wahrnehmung und dem gesellschaftlichen Leben zunehmend an Relevanz verlieren.

Mit dem neuen Förderprogramm „LINK – Programm für künstlerische Zukunftsforschung“ und dessen erstem thematischen Fokus auf KI und Kultur, wollen wir als erste und bislang einzige Fördereinrichtung in den nächsten drei Jahren die Möglichkeiten Künstlicher Intelligenz für die Kultur erschließen, ausloten und die Erarbeitung von realen Anwendungen ermöglichen. Das Ziel ist hierbei nicht einem technischen Trend nachzulaufen, sondern aktiv die Zukunft von Kultur zu gestalten.

Cloudpainter | © Pindar van Arman

Am 15. und 16. Mai 2019 wird die LINK-Tagung in Hannover einen Einstieg in das Thema bieten: Moderiert von Jan Ehlert (NDR) richtet sich die Tagung an Kulturschaffende aller Sparten in Niedersachsen. Am ersten Tag werden in Fachvorträgen grundsätzliche Themen der Künstlichen Intelligenz und wichtige Fragen in Bezug auf die Anwendung in der Kultur thematisiert. Können Computer kreativ sein oder wem gehört das fertige Werk? Der KI oder dem*der Künstler*in? Der zweite Tag dient dem Austausch und dem gemeinsamen Erarbeiten von KI-Anwendungsmöglichkeiten in den einzelnen Kultursparten. Parallel findet ein vielfältiges Kulturprogramm zum Thema im Künstlerhaus Hannover statt.

Nach der Tagung werden sich viele Kulturschaffende die Frage stellen, wie sie das Gelernte anwenden können. Die Antwort: Ab Herbst 2019 werden 20 Teilnehmer in einer KI-Schule über 6 Monate lernen, KIs selbst zu programmieren. Innerhalb der ersten acht Wochen werden die Grundlagen der Programmierung von neuronalen Netzen vermittelt. In einem zweiten Block von acht Wochen werden mehrere Beispielanwendungen für den Kulturbereich entwickelt. Im letzten Drittel des Kurses können Ideen aus dem eigenen Arbeitsfeld unter Begleitung durch die Dozent*innen erarbeitet werden. Anwendungsmöglichkeiten könnten Tools sein, die selbst Texte verfassen, Musik komponieren, kulturrelevante Materialien erstellen oder beispielsweise auch Besucher*innengruppen von Ausstellungen analysieren. Der Kurs wird im Flächenland Niedersachsen vor allem über Onlinemedien erfolgen und von Blockveranstaltungen für die konkrete Erarbeitung und Beratung ergänzt.

Nach einer Einführung in das Thema auf der LINK-Tagung und einer Weiterbildung für Anwender*innen durch die KI-Schule, folgen im dritten Schritt entsprechende Pilotprojekte: Ab Mitte 2020 werden drei Projekttandems aus Wissenschaftler*innen und Kulturschaffenden mit der jeweiligen Expertise und entsprechend bereitgestelltem Budget ein Projekt im Themenfeld Künstliche Intelligenz entwickeln, das dokumentiert und abschließend präsentiert wird. Die Tagung und die KI-Schule werden dazu beitragen, die Thematik bis zur Durchführung der Projekttandems in der Kulturszene Niedersachsens bekannt zu machen und Interesse an den Anwendungsmöglichkeiten zu generieren. Die Projekttandems erproben praktische Aspekte der Anwendung. Ein wichtiger erster Schritt wird beispielsweise sein, eine gemeinsame Sprache zu entwickeln – denn die Arbeitsmethoden, Fachbegriffe und Ziele in technischen und kulturellen Branchen unterscheiden sich stark.

Dieser Blog hilft Kulturschaffenden in Niedersachsen Kompetenzen zu entwickeln, um Chancen und Grenzen von KI in der Kultur reell einzuschätzen und ergänzt die weiteren Programmelemente inhaltlich: An dieser Stelle werden in den kommenden Jahren kurze, substanzielle Beiträge von einer Vielzahl von Autor*innen zu technischen, wissenschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Themen erscheinen.

Lesen Sie mit uns, erzählen Sie anderen davon und lassen Sie uns gemeinsam sicherstellen: Kultur gestaltet Zukunft.

Autorin des Beitrags
Dr. Tabea Golgath
Stiftung Niedersachsen
Programmleitung LINK